Wie Supercomputer Behörden beim Krisenmanagement unterstützen können

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Simulationen mit Hilfe von Supercomputern könnten den Behörden helfen, sich auf Notsituationen wie Überschwemmungen, Pandemien oder Migrationsereignisse vorzubereiten und diese zu bewältigen. Foto: Adobe Stock

Stuttgart – 4. Juli 2024. Im Projekt CIRCE (Computational Immediate Response Center for Emergencies) hat das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) untersucht, wie Simulationen auf Supercomputern die öffentliche Verwaltung deutschlandweit in der Vorbereitung auf und bei der Bewältigung von Krisenereignissen wie Naturkatastrophen oder Pandemien unterstützen können. Auf einem Symposium in Berlin stellte das HLRS seine vorläufigen Ergebnisse vor und zeigte Anwendungen des Höchstleistungsrechnens (HPC), der künstlichen Intelligenz und der Datenanalyse für die Krisenbewältigung sowie die administrativen und technischen Herausforderungen auf, die es zu bewältigen gilt.

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„Wie wir bei der COVID-19-Pandemie und den jüngsten verheerenden Überschwemmungen in Deutschland gesehen haben, stehen Behörden vor großen Herausforderungen bei der Prävention künftiger Katastrophen“, sagt Dr. Bastian Koller, Geschäftsführer des HLRS. „Gleichzeitig wissen wir, dass Simulationen auf Höchstleistungsrechnern helfen können, Risiken abzuschätzen, Investitionen in die Prävention zu lenken und letztlich Leben zu retten. Durch den Dialog mit Behörden auf allen Ebenen entwickelt CIRCE ein sehr praktisches Verständnis dafür, mit welchen spezifischen Problemen sie konfrontiert sind, welche digitalen Ressourcen ihnen zur Verfügung stehen und welche administrativen Hürden überwunden werden müssen, um im Krisenfall Rechenressourcen zur Verfügung stellen zu können. Indem wir die Fähigkeiten von HPC in Pilotszenarien demonstrieren, wollen wir Behörden zeigen, wie sie mithilfe von Simulationen die lokalen Risiken besser bewältigen können.“

Auf einem ganztägigen Symposium in Berlin präsentierte das CIRCE-Team seine vorläufigen Ergebnisse vor Vertreter:innen der öffentlichen Verwaltung sowie Katastrophenschutzexpert:innen. Dr. Ralf Schneider vom HLRS berichtete auch über eine Zusammenarbeit zwischen dem HLRS und der Feuerwehr Duisburg, bei der die möglichen Auswirkungen eines Deichbruchs am Rhein simuliert werden. Darüber hinaus bereicherten Datenexpert:innen deutscher Bundesbehörden die Diskussionen, indem sie beschrieben, wie Daten derzeit in der staatlichen Planung und Entscheidungsfindung genutzt werden. Zudem gaben die Redner:innen Einblicke in die Herausforderungen bei der Entwicklung von Werkzeugen für das Krisen-Computing angesichts des komplexen, föderalen Regierungssystems in Deutschland.

Ein ausführlicher Sitzungsbericht ist unter dem folgenden Link verfügbar:
https://www.hlrs.de/de/news/detail/simulation-fuer-krisenmanagement-in-behoerden

Eine Aufzeichnung des Livestreams der Veranstaltung ist ebenfalls verfügbar: 
https://www.youtube.com/live/68j7lDTJuyc

Zu den wichtigsten Erkenntnissen, die auf dem Symposium vorgestellt wurden, gehören die folgenden:

  • Eine qualitative, auf Interviews basierende Umfrage unter Vertreter:innen von Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden sowie Krisenreaktionsorganisationen ergab, dass viele von ihnen Möglichkeiten für den Einsatz von Simulationen zur Bewältigung von Herausforderungen erkennen, mit denen sie konfrontiert sind. Unter den erwünschten Anwendungen von Simulationen standen die Bewältigung von Migration, Pandemien, Überschwemmungen, Waldbrände, chemische oder nukleare Unfälle und Amokläufe.
  • In Zusammenarbeit mit der Feuerwehr Duisburg und dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung demonstrierte das HLRS, wie Supercomputer bei der Prävention und Reaktion auf Krisensituationen eingesetzt werden können.
  • HPC-Zentren wie das HLRS können die Werkzeuge und das Fachwissen bereitstellen, die für die Durchführung groß angelegter Krisensimulationen erforderlich sind. Die Zusammenarbeit mit lokalen Vertretern und Fachleuten ist jedoch erforderlich, um die richtigen Simulationen zu entwickeln und ihre Genauigkeit zu validieren.
  • Vor dem Einsatz von HPC in Krisensituationen sind umfangreiche Planungen und Vorbereitungen nötig, um sicherzustellen, dass die erforderlichen Daten verfügbar sind, dass die richtige Software entwickelt wird, dass die daraus resultierenden Simulationen vertrauenswürdig sind und dass Arbeitsabläufe vorhanden sind, um die gelieferten Informationen auszuwerten sowie darauf zu reagieren.
  • Die föderale Struktur in Deutschland stellt eine Herausforderung für die Entwicklung von Kriseninformatik-Anwendungen dar. Die Zusammenarbeit, der Datenaustausch und die Standardisierung von Notfallsimulationen zwischen Bund, Ländern und Kommunen würden Entwicklungskosten einsparen und somit auch sicherstellen, dass die Lösungen interoperabel und weitgehend verfügbar wären.
  • Regierungsbehörden müssen in Vorbereitung auf Krisensituationen festlegen, welche Organisationen Zugang zu deutschen öffentlichen HPC-Zentren haben sollen und wie diese Nutzung finanziert werden soll.
  • Mitarbeitende der öffentlichen Verwaltung auf allen Ebenen müssen verstärkt in Informationstechnologien geschult werden und eine Kultur der Digitalisierung entwickeln. Dies würde nicht nur ihre Fähigkeit verbessern, Notfallsimulationen zu nutzen, sondern auch potenzielle Anwendungen der Simulation bei der Bewältigung von Krisensituationen zu identifizieren.

CIRCE wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert. Mehr Information zum Projekt finden Sie unter http://www.circe-projekt.de.

Über das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart

Das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) wurde 1996 als erstes Bundeshöchstleistungsrechenzentrum Deutschlands gegründet. Als Einrichtung der Universität Stuttgart und Mitglied des Gauss Centre for Supercomputing stellt das HLRS seine Rechenkapazitäten Nutzer:innen aus Wissenschaft und Industrie zur Verfügung. Das HLRS betreibt modernste Höchstleistungsrechensysteme und bietet als Experte für neueste Technologien erstklassige Weiterbildung in den Bereichen Programmierung und Simulation. Das Zentrum forscht an wegweisenden Fragestellungen und Technologien rund um die Zukunft des Höchstleistungsrechnens (HPC). Die HLRS-Expertise umfasst unter anderem die Bereiche parallele Programmierung, numerische Methoden für HPC, Visualisierung, Cloud Computing, Höchstleistungsdatenanalyse (HPDA) sowie künstliche Intelligenz. Die Nutzer:innen der Systeme des Zentrums forschen auf ganz unterschiedlichen Forschungsgebieten mit dem Schwerpunkt auf Ingenieurwissenschaften und angewandter Wissenschaft.

Pressekontakt

Sophia Honisch
Leiterin, Public Relations
Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart
Tel.: +49 (0) 711 / 685-68038
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