Der Start des EuroHPC Joint Undertaking im Jahr 2018 war der Beginn eines neuen, europaweiten HPC-Ansatzes. Um eine engere Koordination auf Ebene der Infrastruktur und der Ressourcenverteilung, der Technologieentwicklung und der Erstellung moderner Software zu ermöglichen, will das EuroHPC ein nachhaltiges und weltweit wettbewerbsfähiges europäisches HPC-Ökosystem aufbauen.
27. Mai 2020
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Bei der Einrichtung des EuroHPC zeigte sich jedoch, dass ein wesentlicher Bestandteil einer umfassenden europäischen HPC-Strategie fehlte, nämlich ein in ganz Europa einheitliche Expertise im Bereich HPC und in verwandten Disziplinen wie Hochleistungs-Datenanalyse und Künstliche Intelligenz (KI). 2020 vergab das EuroHPC unter der Schirmherrschaft des EU-Programms Horizon 2020 drei Zuschüsse, um diesen Bedarf zu decken.
Das HLRS und seine Dachorganisation, das Gauss Centre for Supercomputing, stehen im Zentrum dieser Bemühungen und leiten die Etablierung eines europaweiten Netzwerks für mehr HPC-Kompetenz. Die drei Projekte – EuroCC, CASTIEL und FF4EuroHPC – starteten am 1. September 2020 und werden sich in den kommenden Jahren mit verschiedenen Ansätzen koordiniert diesem Ziel widmen.
Laut HLRS-Geschäftsführer und Projektleiter Dr. Bastian Koller „ist das HLRS begeistert, die Koordination eines Projekts mit enormem Potenzial für mehr Fachwissen und Kooperation innerhalb der gesamten europäischen HPC-Gemeinde zu leiten. Dies wird die wissenschaftliche Kompetenz Europas und seine globale industrielle Wettbewerbsfähigkeit steigern.“
Im Zentrum dieser vielfältigen Bemühungen steht EuroCC, das bereits mit dem Aufbau eines europaweiten Netzwerks nationaler HPC-Kompetenzzentren begonnen hat.
Als das Projekt Gestalt annahm, benannten 33 teilnehmende Mitgliedsstaaten je ein HPC-Zentrum als nationales Kompetenzzentrum. Etwa die Hälfte der Fördermittel zur Schaffung der Kompetenzzentren stammt von der EU, die andere Hälfte vom jeweiligen Land.
Jedes Kompetenzzentrum prüft die HPC-Expertise auf nationaler Ebene und deckt dabei landesweit die vorhandenen Kenntnisse und Wissenslücken auf. Im Laufe der Zeit werden die Kompetenzzentren zu nationalen Ressourcen für die Identifizierung und Koordinierung von technischem Wissen, Schulungsmitteln, Industriekooperation sowie HPC-Diensten und -Tools in den jeweiligen Ländern.
Gleichzeitig leitet das HLRS ein zugehöriges Koordinations- und Unterstützungsprojekt namens CASTIEL (Coordination and Support for National Competence Centres on a European Level). Während EuroCC die HPC-Expertise in den einzelnen Mitgliedsstaaten koordiniert, fördert CASTIEL die Interaktion und den Austausch von Fachwissen innerhalb des EuroCC-Netzwerks.
CASTIEL wird eine Europakarte der Kompetenzen erstellen, die Ressourcen und Wissenslücken über alle EuroCC-Kompetenzzentren hinweg katalogisiert. Es wird dann Aktivitäten wie internationale Workshops, Mentoring- und Twinning-Partnerschaften und themenorientierte Arbeitsgruppen koordinieren, um gemeinsame Anliegen zu bearbeiten. Diese sollen den europaweiten Wissensaustausch und neue Synergieeffekte, eventuell auch neue regionale Kooperationen fördern.
CASTIEL wird auch den Bedarf an HPC-Fachwissen für die industriellen Forschung und Entwicklung adressieren. Dies könnte Mentoring durch Zentren mit Erfahrung in der Unterstützung der Industrie umfassen, aber auch internationale Treffen, bei denen HPC-Nutzer aus der Industrie Fallstudien erfolgreicher Anwendungen vorstellen.
Die dritte Säule dieses europaweiten Projekts ist der Fokus auf die Bedürfnisse der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), die essenziell für die europäische Wirtschaft sind. Ein Konsortium namens FF4EuroHPC, ebenfalls vom HLRS koordiniert, spricht solche Unternehmen gezielt an und erleichtert ihnen im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit den Zugang zu HPC-Technologien und -Lösungen.
Das Team, das FF4EuroHPC leitet, umfasst mehrere Zentren, die auch an den EU-geförderten Projekten Fortissimo und Fortissimo 2 beteiligt waren, die zwischen 2013 und 2020 mit den KMUs 92 neue Anwendungen testeten.. FF4EuroHPC vertieft das bei Fortissimo gewonnene Wissen, um europaweit neue HPC-Anwendungen in der Industrie aufzudecken und zu testen.
FF4EuroHPC organisiert zwei offene Aufrufe zur Einreichung von Vorschlägen von KMU, die überzeugende Fälle für die Nutzung von HPC-Technologien und -Fachwissen aufzeigen können. Mögliche Anwendungsbereiche sind Fertigung, Maschinenbau und andere innovative Wachstumsbranchen. Vorschläge können z. B. traditionelle HPC-Anwendungen zur Simulation und Modellierung sein, oder neue Anwendungen, die Datenanalyse, maschinelles Lernen und KI beinhalten.
FF4EuroHPC erwartet, dass etwa 40 KMU – allesamt HPC-Erstnutzer – „Anwendungsexperimente“ durchführen werden, von denen viele mit nationalen Kompetenzzentren im EuroCC-Netzwerk zusammengebracht oder von diesen unterstützt werden. Dieser Ansatz soll die Nutzung in der Industrie bei KMU in Regionen fördern, in denen sie bisher nicht sehr verbreitet ist.
Im Verlauf solcher Projekte werden diese Experimente zu einem Portfolio von Erfolgsgeschichten führen, die das Innovationspotenzial von HPC aufzeigen. Koller rechnet damit, dass dies sowohl das Interesse anderer KMU weckt, die von HPC profitieren könnten, als auch die Unterstützung von Regierungen und anderen Interessengruppen für die Entwicklung und Bereitstellung nützlicher HPC-Ressourcen und -Dienste fördert.
„Die Ziele von EuroCC, CASTIEL und FF4EuroHPC ergänzen einander“, sagt Koller. „Einerseits hoffen wir, dass die Länder durch ihre Teilnahme das Know-how entwickeln können, das sie für eine größere technologische Unabhängigkeit brauchen, anderseits werden auch bereits versierte Länder aus dieser internationalen Interaktion lernen. Mehr Wissen und bessere Kommunikation über Grenzen hinweg birgt großes Potenzial für mehr Produktivität und Einfluss von HPC in ganz Europa im Sinne der akademischen Forschung, der Industrie und der öffentlichen Verwaltung.“
— Christopher Williams