Supercomputer „Hunter“ geht in Stuttgart in Betrieb

Foto von Hunter im Rechenraum des HLRS
Foto: Julian Holzwarth/HLRS

Stuttgart, 16. Januar 2025. Während einer feierlichen Einweihung am Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) wurde heute der neue Supercomputer Hunter in Betrieb genommen. Das von Hewlett Packard Enterprise (HPE) entwickelte und hergestellte System wird eine erstklassige Infrastruktur für groß angelegte Simulationen, künstliche Intelligenz und Anwendungen der Datenanalyse für Wissenschaft, Industrie und Behörden bieten. Gleichzeitig ist Hunter auf Nachhaltigkeit ausgelegt — er nutzt energieeffiziente AMD Instinct™ Accelerated Processing Units (APUs), die CPU-Kerne und GPUs kombinieren, eine 100% lüfterlose Systemarchitektur mit direkter Flüssigkeitskühlung und ein dynamisches Power-Capping-Konzept zur Maximierung der Energieleistung. Mit dem Übergang zu einer CPU- und APU-basierten Architektur markiert Hunter auch den Beginn eines neuen Kapitels in der Geschichte des Supercomputing in Stuttgart.

Veröffentlicht am

Die Nutzer:innen von Hunter werden komplexe Probleme u. a. in den Bereichen Ingenieurwesen, Wetter- und Klimamodellierung, biomedizinische Forschung und Materialwissenschaft adressieren. Darüber hinaus wird Hunter öffentlichen Behörden und der Industrie Zugang zu leistungsstarken, sicheren HPC- und KI-Ressourcen bieten, vor allem Start-ups und mittelständischen Unternehmen.

„Hunter bietet Wissenschaftler:innen an der Universität Stuttgart und deutschlandweit eine zukunftsfähige Infrastruktur für KI-basierte Simulationen und Höchstleistungsrechnen in neuer Qualität“, sagte Prof. Peter Middendorf, Rektor der Universität Stuttgart. „Von Hunter profitiert aber auch das gesamte Ökosystem unserer Hochschule mit seinen Global Playern, seinen starken mittelständischen Unternehmen und seiner wachsenden Start-up-Szene".

„Die rasante Entwicklung von KI und der zunehmende Fokus auf Nachhaltigkeit im Supercomputing bringen das Höchstleistungsrechnen in eine spannende, transformative Phase“, sagte Prof. Michael Resch, Direktor des HLRS. „Mit Hunter erhält unsere Nutzergemeinschaft eine hochmoderne Top-Infrastruktur, die sie in dieser sich verändernden Technologielandschaft unterstützt und sie an der Spitze wissenschaftlicher Forschung und industrieller Innovationen wettbewerbsfähig bleiben lässt".

Gesamtförderung von 15 Millionen Euro

Die Gesamtkosten für Hunter betrugen 15 Millionen Euro. Die Hälfte der Mittel stellte das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg im Rahmen seiner Strategie für Höchstleistungsrechnen/Datenintensives Rechnen (HPC/DIC) zur Verfügung. Die zweite Hälfte kommt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung innerhalb des SiVeGCS-Projekts. Die Förderung wurde vom Gauss Centre for Supercomputing (GCS), dem Zusammenschluss der drei Bundeshöchstleistungsrechenzentren, ermöglicht.

„Ein Höchstleistungsrechner wie der neue Hunter ist nicht einfach nur eine technische Innovation – er ist vielmehr notwendig für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes und ein Schlüssel für Fortschritt in Wissenschaft und Wirtschaft“, sagte Wissenschaftsministerin Petra Olschowski. „Das wiederum ist eine Grundlage für unseren Wohlstand. Baden-Württemberg ist in Sachen Supercomputing und künstliche Intelligenz europaweit führend und international konkurrenzfähig. Das HLRS an der Universität Stuttgart spielt dabei eine Schlüsselrolle. Mit Hunter lassen sich beispielsweise die nächste Generation sicherer, leiserer und umweltfreundlicher Flugkörper wie Helikopter, Flugtaxis und drohnengestützte Lieferdienste modellieren. Die zusätzliche Rechenleistung ist auch für Fortschritte in der Quantenmechanik, Klimatologie, Astrophysik und Energieforschung relevant“.

Höhere Produktivität, bessere Energieeffizienz

Hunter basiert auf der gleichen HPE Cray Supercomputing EX4000-Architektur, die auch in den drei weltweit verifizierten Exascale-Systemen verwendet wird. Jeder seiner 136 Knoten ist mit vier HPE Slingshot-Hochleistungs-Verbindungen ausgestattet. Die Maschine nutzt das HPE Cray Supercomputing Storage System E2000, das speziell für die anspruchsvollen Input/Output (I/O)-Anforderungen großer Supercomputer entwickelt wurde, sowie die HPE Cray Supercomputing Programming Environment Software, die ein umfassendes Set an Tools für die Entwicklung, Portierung, Fehlersuche und Optimierung von Anwendungen im großen Maßstab bietet. Der HPE Performance Cluster Manager wird auch für das Monitoring und die Verwaltung des Systemzustands sowie für das Energiemanagement eingesetzt. Darüber hinaus nutzt die gesamte Systemarchitektur von Hunter eine 100% lüfterlose direkte Flüssigkeitskühlung – eine von HPE entwickelte Technologie, die die Energie- und Kosteneffizienz großer KI-Implementierungen verbessern soll.

„Von Anfang an hat das HLRS sowohl Spitzenforschung als auch industrielle Anwendungen unterstützt – dadurch ist das HLRS zu einem wichtigen Wettbewerbsfaktor für Baden-Württemberg und darüber hinaus geworden“, sagte Heiko Meyer, Executive Vice President und Chief Sales Officer von Hewlett Packard Enterprise. „Wir sind stolz darauf, die Mission des HLRS zu unterstützen, indem wir mit Hunter und anschließend mit Herder einen großen Schritt in die Zukunft des Supercomputing und der KI machen. Dies wird völlig neue Chancen für Grundlagenforschung und industrielle Produktinnovationen eröffnen – und gleichzeitig einen Durchbruch im energieeffizienten Supercomputing ermöglichen“.

Mit einer theoretischen Spitzenleistung von 48,1 Petaflops (48,1 Billiarden Gleitkommaoperationen pro Sekunde) ist Hunter fast doppelt so schnell wie Hawk, der bisherige Flaggschiff-Supercomputer des HLRS. Gleichzeitig gelingt dem Zentrum mit Hunter ein Wechsel in der Rechenarchitektur. Während in früheren Systemen für eine hohe Leistung eine große Anzahl von CPUs eingesetzt wurde, basiert Hunter auf der AMD Instinct MI300A Accelerated Processing Unit (APU), die CPUs, GPU-Beschleuniger und Speicher mit hoher Bandbreite in einem einzigen Paket kombiniert. Diese Systemarchitektur ermöglicht eine höhere Leistung und reduziert gleichzeitig den Energieverbrauch von Hunter bei Spitzenleistung um 80 Prozent im Vergleich zu Hawk.

„Die AMD Instinct MI300A APUs treiben Innovationen voran, indem sie führende Leistung und Effizienz für kritische Workloads an der Konvergenz von HPC und KI liefern“, sagte Brad McCredie, Senior Vice President, Data Center Engineering, AMD. „Wir freuen uns über die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit mit HLRS und darauf, mit Hunter einen der modernsten Supercomputer in Deutschland mit AMD Instinct MI300A APUs zu betreiben. Gemeinsam mit den Teams von HPE und HLRS sind wir stolz darauf, den Weg in die Exascale-Ära zu ebnen“.

Hunter wird außerdem eine von HPE in Zusammenarbeit mit dem HLRS entwickelte Softwarefunktion zur dynamischen Leistungsbegrenzung (Dynamic Power Capping) implementieren, um die Rechenleistung und Energieeffizienz zu maximieren. Diese Funktion überwacht kontinuierlich die auf Hunter laufenden Anwendungen, optimiert die Energieverteilung an jede Anwendung auf Basis ihres individuellen Energiebedarfs und stellt sicher, dass der Gesamtenergieverbrauch eine vorgegebene Leistungsgrenze nicht überschreitet. Nach der Implementierung der dynamischen Energiebegrenzung auf dem Hawk-System von HLRS zeigte eine Studie, dass der Gesamtstromverbrauch der Anwendungen ohne nennenswerte Leistungseinbußen um etwa 20 Prozent fiel.1 Die Gesamteinsparung auf Hawk entsprach dem jährlichen Stromverbrauch von etwa 1.500 Einfamilienhäusern.2 HPE und HLRS werden die Methode auf Hunter weiterentwickeln.

Mehr Leistung für künstliche Intelligenz

Durch die Einführung einer Architektur, die auf CPUs und APU-Beschleunigern basiert, wird Hunter auch zu einem leistungsstarken System für künstliche Intelligenz. Aus diesem Grund lässt sich die Nutzergemeinschaft des HLRS mit dem neuen System um Datenwissenschaftler:innen und Spezialist:innen für KI erweitern, die maßgeschneiderte große Sprachmodelle entwickeln sowie Deep-Learning-Projekte und komplexe Datenanalysen durchführen.

Das Stuttgarter KI-Entwicklungsunternehmen Seedbox.ai hat in der Testphase bereits begonnen, auf Hunter große Sprachmodelle in 24 europäischen Sprachen zu trainieren und zeigt damit eindrucksvoll das Potenzial des Supercomputers bei der Entwicklung neuartiger Anwendungen der künstlichen Intelligenz auf. Seedbox.ai wird diese Modelle auf Open-Source-Basis zur Verfügung stellen, um vielseitige KI-basierte Innovationen zu ermöglichen, beispielsweise die Umsetzung mehrsprachiger autonomer Agenten im Arbeitsalltag zu beschleunigen. Europäische Anwender profitieren dabei nicht nur von der großen Sprachvielfalt, auf die die Modelle optimiert wurden, sondern auch von einer deutlich verbesserten Energieeffizienz. Im Rahmen der im Jahr 2024 besiegelten Partnerschaft mit dem HLRS wird Seedbox.ai Hunter weiterhin nutzen, um skalierbare, nachhaltige und sichere KI-Technologien „Made in Germany“ zu entwickeln.

Die Kombination von CPUs und GPUs in einem einzigen Paket wird auch die Entwicklung und Ausführung neuartiger Converged-Computing-Workflows erleichtern, die Simulation, Datenanalyse und künstliche Intelligenz auf innovative Weise kombinieren. Simulationen könnten zum Beispiel auf Hunter verwendet werden, um synthetische Datensätze für das Training von KI-Algorithmen zu erzeugen. Umgekehrt könnte künstliche Intelligenz in Simulations-Workflows integriert werden, um rechenintensive Codes zu beschleunigen.

Hunter wird in der Anfangsphase von HammerHAI, einer deutschen „AI Factory“, die von der EuroHPC Joint Undertaking Ende 2024 angekündigt wurde, das Rückgrat der künstlichen Intelligenz bilden. Nach Projektbeginn im Laufe dieses Jahres wird HammerHAI Lösungen und Services entwickeln, die die Barrieren zur Nutzung von KI in Europa abbauen sollen. Im Jahr 2026 wird am HLRS ein neuer KI-optimierter Supercomputer der EuroHPC Joint Undertaking zur Verfügung stehen, der umfangreiche KI-Rechenleistung für die deutsche und europäische Wissenschaft und Wirtschaft bereitstellt.

Auf dem Weg zur nächsten Leistungsstufe

Hunter ist als Übergangssystem konzipiert, das den Weg für den nächsten Supercomputer des HLRS ebnen soll. Der kommende Höchstleistungsrechner – Herder – wird von HPE im Jahr 2027 installiert. Herder wird mit mehreren hunderten Petaflops eine weitaus höhere Spitzenleistung als Hunter erreichen. Da Hunter über eine ähnliche GPU-beschleunigte Architektur wie Herder verfügt, kann die Nutzergemeinschaft des HLRS ihre Anwendungen schon so vorbereiten, dass sich die massive Steigerung der Rechenleistung voll ausschöpfen lässt.

Wie bei der Einweihung von Hunter angekündigt, wird Herder in einem neuen Gebäude hinter dem HLRS untergebracht, dessen Bau bald beginnen wird. Das sogenannte HLRS III wird nachhaltige Materialien verwenden, mit Photovoltaikanlagen ausgestattet sein und die von Herder erzeugte Wärme zur Beheizung anderer Gebäude auf dem Vaihinger Campus der Universität Stuttgart nutzen. Als Anerkennung für seine nachhaltige Infrastrukturplanung wurde das HLRS im Oktober 2024 mit dem Datacenter Strategy Award für „Transformation“ ausgezeichnet.

Über das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart

Das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) wurde 1996 als erstes Bundeshöchstleistungsrechenzentrum Deutschlands gegründet. Als Einrichtung der Universität Stuttgart und Mitglied des Gauss Centre for Supercomputing stellt das HLRS seine Rechenkapazitäten Nutzer:innen aus Wissenschaft und Industrie zur Verfügung. Das HLRS betreibt modernste Höchstleistungsrechensysteme und bietet als Experte für neueste Technologien erstklassige Weiterbildung in den Bereichen Programmierung und Simulation. Das Zentrum forscht an wegweisenden Fragestellungen und Technologien rund um die Zukunft des Höchstleistungsrechnens (HPC). Die HLRS-Expertise umfasst unter anderem die Bereiche parallele Programmierung, numerische Methoden für HPC, Visualisierung, Cloud Computing, Höchstleistungsdatenanalyse (HPDA) sowie künstliche Intelligenz. Die Nutzer:innen der Systeme des Zentrums forschen auf ganz unterschiedlichen Forschungsgebieten mit dem Schwerpunkt auf Ingenieurwissenschaften und angewandter Wissenschaft.

Fachlicher Kontakt

Prof. Dr. Michael Resch, Universität Stuttgart, Höchstleistungsrechenzentrum (HLRS),
Tel.: +49 (0) 711 / 685-87200, resch(at)hlrs.de

Pressekontakt

Sophia Honisch, Universität Stuttgart, Höchstleistungsrechenzentrum (HLRS),
Tel.: +49 (0) 711 / 685-68038, honisch(at)hlrs.de

Fußnoten

(1) Basierend auf Tests und Berechnungen von HPE und HLRS
(2) HPE/HLRS-Schätzung