Symposium "Science goes Society" beleuchtet Herausforderungen des Klimawandels in Kommunen

Gruppenbild vor einem LED-Wand mit einem Luftbild einer Kleinstadt und und der sie umgebenden Landschaft
V.l.n.r.: NatureLife Präsident C.-P. Hutter, Landrat Dietmar Allgaier, Bürgermeister Jürgen Scholz, Leiter des HLRS Prof. Dr. Resch, Präsident des Gemeindetags Baden-Württemberg Steffen Jäger, Leiter der Visualisierungsabteilung am HLRS Dr. Uwe Wössner, HLRS-Projektleiter Thomas Obst, Moderator Volker Angres

Stuttgart/Sersheim, 25. April 2024 — In eine Mischung aus Wissenschafts- und Klimaschutz-Arena verwandelte sich heute die Kultur- und Sporthalle der Gemeinde Sersheim. Anlässlich des Symposiums „Science goes Society“ wurde auf einer großen LED-Wand mit 3D-Simulationen aufgezeigt, wie unsere Dörfer, Städte, Wälder und Felder schon bald angesichts des Klimawandels aussehen könnten und wo Vorsorge im Sinne der nachhaltigen Entwicklung und Katastrophenprävention getroffen werden kann. An Mitmach- und Ausstellungsständen wurden viele konkrete Beispiele vermittelt, wie sich Kommunen bereits auf die Herausforderungen des Klimawandels mit Dürren und Hitzeperioden einerseits und Starkniederschlägen mit Hochwasser und Abschwemmungen andererseits vorbereiten. Dargestellt wurden aber auch die gewaltigen, vielfach seitens der Bevölkerung noch unterschätzten Herausforderungen, vor denen wir Prognosen von Klimatologen und Umweltwissenschaftlern zufolge stehen. Moderiert wurde die Veranstaltung vom langjährigen Leiter der ZDF–Umweltredaktion, Volker Angres aus Mainz.

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„Dass es gewaltige Veränderungen in Bezug auf den Klimawandel geben wird, ist sicher. Die Frage ist nur noch, wo und wann“, so Prof. Dr. Michael Resch, Direktor des Höchstleitungsrechenzentrums (HLRS) an der Universität Stuttgart bei der Eröffnung des erstmals in diesem Format veranstalteten Symposiums „Science goes Society“.

Dazu hieß der Bürgermeister der Kongress-Modellgemeinde Sersheim (Kreis Ludwigsburg) – zugleich als Präsident des 4,3 Millionen Mitglieder zählenden Landessportverbandes Baden-Württemberg und für Nachhaltigkeit sowie Klimaschutz engagiert – namhafte Experten aus Wissenschaft, Stadt- und Raumplanung sowie der Kommunalpraxis – willkommen, darunter den Präsidenten des Gemeindetags Baden-Württemberg. Mit dabei waren auch Vertreter:innen von Verwaltungen, Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte und Bürger:innen, die sich über Ihre Klimazukunft Gedanken machen, sowie Schüler:innen, die direkt in den Dialog mit den praxisorientierten Forschenden kommen konnten.

„Das ist genau das, was wir mehr denn je brauchen“, so Landrat und Schirmherr des Symposiums Dietmar Allgaier, der zusammen mit seinem Kreistag ein ehrgeiziges Klimaschutzprogramm beschlossen und im Januar ein Schwerpunktjahr zur Klimavorsorge und Biodiversitätsbewahrung gestartet hat. „Neue Herausforderungen brauchen neue Partnerschaften – der Gemeinde Sersheim, dem Höchstleistungsrechenzentrum und allen Partnern gilt mein Kompliment zum neuen Format ‚Science goes Society‘“, unterstrich Allgaier. Er betonte: „Auch wenn nach dem regenreichen Winter die Böden wieder besser mit Wasser versorgt sind, müssen wir weiterhin mit Hitze und Dürreperioden rechnen und dürfen uns nicht mit kurzsichtigem Denken in Sicherheit wiegen“. Überall machen sich die negativen Zeichen des Klimawandels bemerkbar“, so der Landrat weiter.

An der Veranstaltung nahmen etwa 120 Vertreter lokaler Städte und Kommunen teil.

Bürgermeister Scholz konnte rund 120 Teilnehmende beim Symposium begrüßen und betonte: „Als Kommune im Landkreis Ludwigsburg treffen im Übergang vom Verdichtungsraum der Metropolregion Stuttgart in den eher ländlich geprägten Bereich des Naturparks Stromberg-Heuchelberg bei uns Landschaft, Landwirtschaft und Siedlungsstrukturen aufeinander, und wir müssen auf die Veränderungen, die uns der Klimawandel sowohl im ländlichen, als auch im städtischen Raum beschert, eingerichtet sein“, beschreibt er die Lage, in der sich über Sersheim hinaus viele baden-württembergischen Kommunen befinden.

Im Anschluss an das Grußwort des Gemeindetagspräsidenten Steffen Jäger beim Bürgerschaftsdialog des HLRS widmete sich auch Professor Jörn Birkmann von der Universität Stuttgart in seinem Statement dem Themenbereich Klimawandel, Extremwetterereignisse und menschliche Unverwundbarkeit, an welchen Stellen die Kommunen ansetzen können und wie sich mithilfe digitaler Informationen Auswirkungen des Klimawandels verringern lassen. Während Schulleiter Ranzinger vom beruflichen Schulzentrum Bietigheim-Bissingen das Thema Handlungskompetenz in Sachen Klimavorsorge, die berühmte Lücke zwischen Wissen und präventivem Handeln in den Mittelpunkt seines Statements stellte, informierte Vanessa Kruse vom Regierungspräsidium Stuttgart über abrufbare Informationen zu den Hochwasserrisiken – Wissen, das bereits vorhanden ist und von Kommunen genutzt werden sollte. Dies wurde auch bei der begleitenden MacherMesse anhand von Kartenmaterial deutlich.

Unbekanntes sichtbar machen

Oft sind Simulationen von Vorhersagen im Bereich Klimawandel und Katastrophenprävention, wie etwa die Hochwasservorhersage, mit der Verarbeitung großer Datenmengen verbunden. Hier kommt das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart ins Spiel. Ein Themenschwerpunkt des Zentrums ist die Simulation und Visualisierung von Klimawandel- und Extremwetterereignissen. Darüber hinaus wird auch untersucht, wie Höchstleistungsrechnen und Simulationstechnologien in Krisensituationen unterstützen können. Künstliche Intelligenz (KI) kann ebenfalls bei der Bewältigung dieser globalen Herausforderungen unterstützen. Die Forschenden des HLRS stellten während der Veranstaltung konkrete Projekte vor, u.a. zur Intensivstationsauslastungsvorhersage in Deutschland während der COVID-19-Pandemie, eine Deichbruchsimulation sowie eine Waldbrandsimulationen auf europäischer Ebene.

Simulation und Visualisierung eröffnen auch neue Wege in der nachhaltigen Stadtplanung. Wie digitale Zwillinge die Stadtplanung und vor allem die Vorstellungskraft der Akteur:innen und Stakeholder unterstützen können, war ebenfalls Gegenstand der Präsentationen. Ein Beispiel ist der digitale Zwilling der Stadt Herrenberg. „Mit digitalen Zwillingen können Modelle entwickelt werden, welche die Probleme zwar nicht direkt lösen, aber einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung einer Kommune leisten können“, so Professor Michael Resch, Direktor des HLRS. Es gehe schließlich darum, weitsichtig und kostensparend planen zu können. An der LED–Wand wurden die sonst so abstrakten Ergebnisse von Simulationen ganz konkret und vorstellbar.

Bürgerwissen besser nutzen

Vorstellungsvermögen ist das eine, Wissen über das, was passieren kann, ist das andere.

„Denn wir müssen heute auch an das völlig Unmögliche denken, weil Vieles schon erschreckend bald Realität werden kann“, so Claus-Peter Hutter, Präsident der Stiftung NatureLife-International und Veranstaltungspartner beim Symposium.

Hutter regte an, viel mehr als bislang Bürgerwissen – heute als Citizen Science bezeichnet – zu sammeln und als gebündelten Wissensschatz zur Landschaft, zu den örtlichen Siedlungsstrukturen sowie zu oft schon lange zurückliegenden Ereignissen wie Stürmen und Hochwassern sowie deren Auswirkungen aufzubereiten. „Auch die besten Planer und Kommunalpolitiker können dieses alte Wissen nicht ersetzen, sollten es aber vorausschauend nutzen. Das gilt vor allem für die Katastrophenvorbeugung“, sagte Hutter und ergänzt: „Wenn die heute schon oft über achtzigjährigen Wissensträger nicht mehr unter uns sind, wird es zu spät sein, da sie keine KI ersetzen kann, genauso wenig, wie ein 3D-Drucker Zeitzeugen ausspucken kann.“

„Science goes Society“ soll laut Aussagen von Professor Michael Resch, Direktor des HLRS, keine Eintagsfliege sein, sondern sich als Reihe etablieren. „Immer, wenn wir mithilfe von Höchstleistungsrechnen zur Krisenbewältigung beitragen können, melden wir uns und tragen unsere Ideen und Ergebnisse in die Gesellschaft. Mit den Verantwortlichen verstetigen wir den Dialog.“

Über das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart

Das Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart (HLRS) wurde 1996 als erstes Bundeshöchstleistungsrechenzentrum Deutschlands gegründet. Als Einrichtung der Universität Stuttgart und Mitglied des Gauss Centre for Supercomputing stellt das HLRS seine Rechenkapazitäten Nutzer:innen aus Wissenschaft und Industrie zur Verfügung. Das HLRS betreibt modernste Höchstleistungsrechensysteme und bietet als Experte für neueste Technologien erstklassige Weiterbildung in den Bereichen Programmierung und Simulation. Das Zentrum forscht an wegweisenden Fragestellungen und Technologien rund um die Zukunft des Höchstleistungsrechnens (HPC). Die HLRS-Expertise umfasst unter anderem die Bereiche parallele Programmierung, numerische Methoden für HPC, Visualisierung, Cloud Computing, Höchstleistungsdatenanalyse (HPDA) sowie künstliche Intelligenz. Die Nutzer:innen der Systeme des Zentrums forschen auf ganz unterschiedlichen Forschungsgebieten mit dem Schwerpunkt auf Ingenieurwissenschaften und angewandter Wissenschaft.

Pressekontakt

Sophia Honisch
Universität Stuttgart, Höchstleistungsrechenzentrum (HLRS),
Tel.: +49 (0) 711 / 685-68038, honisch(at)hlrs.de